Wie bereits erwähnt sind Krankheiten aus der Sicht Traditioneller Medizinsysteme regulatorische Heilprozesse. Man bezeichnet dies im Gegensatz zur Pathogenese, der Entstehung von Krankheiten, als Salutogenese, als heil, als gesund Werden. Unser Körper hat dafür zahlreiche Strategien entwickelt. Eine davon ist Fieber, das mit jedem Grad an Temperaturerhöhung zu einer Verdoppelung der Aktivität des Immunsystems führt, zu einer Verdoppelung der zur Verfügung gestellten Energie für das Heilen einer Infektion, einer Spannung im System.
Unser Körper ist also ein überaus intelligentes Wesen, das uns in einem Krankheitsgeschehen instinktiv durch angemessene Prozesse lenkt. Er lässt uns manchmal fasten, wir haben keinen Appetit, entwickelt ein stärkeres Durstgefühl, um ausreichend Flüssigkeit für die Reinigung der Körpersäfte und das Ausleiten von Giftstoffen verfügbar zu haben. Er entsorgt diese über Schleime, Schnupfen, Husten mit Auswurf, Durchfälle, Erbrechen oder Schwitzen und in den allermeisten Fällen hat er damit Erfolg. In den wenigen, in denen das nicht gelingt, steht dies zumeist in Zusammenhang mit schweren, bereits lange andauernden Ungleichgewichten, die ihm durch unsere Lebensweise aufgezwungen wurde. Zumeist sind leichtere Krankheiten vorausgegangen, die suppressiv behandelt wurden, das heißt deren Symptome durch Medikamente unterdrückt und so die Heilungsprozesse unterbrochen wurden. Das System wurde immer weiter von seiner ihm innewohnenden Natur entfernt und die Regulationsstörung konnte sich so nach innen verlagern und Funktionskreisläufe schädigen, deren Störungen schnell existenziell bedrohlicher werden.
Etwas Ähnliches können wir beobachten, wenn wir die kollektive Krise betrachten, die uns derzeit in Atem hält. Wir hatten während der letzten Jahrzehnte immer wieder akute Krisensituationen, in denen virulente Ungleichgewichte in der Funktion unsere Lebensweise zum Vorschein kamen. Lesen Sie nach, die Medien waren immer voll davon und zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen wurden darüber verfasst.
Die Regulationsmechanismen der Natur, die uns ökologisch und sozial zu schaffen machten wurden zum größten Teil ignoriert, die Ansätze von Heilungsmechanismen unterdrückt. Wir wollten weiter machen wie bisher, zumindest jene von uns, denen es damit scheinbar gut ging, die nicht zu den Ausgebeuteten, den Verlierern gehörten. Und zumeist waren dies die Menschen in den industriell höher entwickelten Ländern der Erde. Rebellionen der anderen wurden unterdrückt, wurden als Terrorismus gekennzeichnet und als das Böse verdammt. Wollten sie vor unhaltbaren Zuständen fliehen kamen sie oftmals auf ihrer Reise zu Tode oder wurden, wenn sie es schafften ausgebeutet, gedemütigt, ausgegrenzt oder dienten dem Schüren der Angst vor Überfremdung.
Es ist an der Zeit, dass wir uns bewusst werden, dass wir wahrnehmen, dass die Spannungen, die wir schaffen, die wir ignorieren und tolerieren, indem wir wegsehen oder untätig zusehen, indem wir unsere Aufmerksamkeit auf die kommende Handygeneration oder den nächsten Modetrend, die nächste Staffel unserer Lieblingsserie fokussieren oder den vor der Tür stehenden Kindergeburtstag, auf dem Weg zu unserer Haustür sind, nein, sie sind bereits im Haus.
Wahrnehmen und bewusst Werden geschieht natürlicherweise aus einem Zustand der Mitte heraus, des bei sich Seins, der inneren Stille. Es ist ein Prozess des Daseins inmitten von allem. Erst dann folgt das Denken, das Entscheiden, das Planen und Handeln
Die Natur und das Leben sind unsere Lehrmeister. Sie geben uns immer wieder Hinweise und wir haben Herz, Hirn und Bauch bekommen, ja einen ganzen vielfältig empfindungsfähigen Körper, der diese Hinweise zu lesen wüsste, wenn wir ihm nur zuhören würden.
Mehr und mehr von uns haben das unangenehme Gefühl, dass etwas nicht stimmt, dass wir so nicht weiter machen können. Doch immer haben wir uns eingeredet oder einreden lassen, dass alles nicht so einfach wäre, dass alles viel zu komplex geworden sei. Und noch schienen wir es ja zu schaffen, machten eine gute Miene und taten so, als wäre alles Bestens. Hinter zahlreichen Fassaden fing es schon lange an zu bröckeln, doch niemand wollte sich die Blöße geben, der/diejenige zu sein, die zuerst Farbe bekennt. Wir schimpften, wir jammerten, wir beklagten uns über alle und alles, denen oder dem wir die Schuld an unserer Misere geben konnten, wurstelten aber brav weiter. Diejenigen, die das nicht mehr konnten, begannen Medikamente zu nehmen und in Therapie zu gehen. Dann saßen sie da und vergingen vor Scham in dem Gefühl eines einzigartigen Versagens, da es ja offensichtlich alle anderen hinbekamen mit Ausnahmen von ihnen.
Dabei waren sie es, die nun endlich gezwungen waren, ehrlich zu sein. Nicht sie waren die Kranken, es war ein System, in dem es zunehmend schwieriger wurde, gesund an Leib, Geist und Seele zu bleiben. Doch kaum jemand wagte dies zu bekennen, aus Angst, aus der Norm zu fallen, das Gesicht zu verlieren.
Wir haben uns so weit voneinander entfernt, dass wir uns einander nicht mehr anzuvertrauen wagten. Täten wir dies, so würden wir erkennen, dass es sehr Vielen ähnlich geht, dass sie sich ähnlich sinnentleert, überfordert, ausgelaugt fühlen und sich einfach nur nicht trauen, dies laut auszusprechen oder nur sich selbst einzugestehen
Viele warten nun darauf, dass wir alle zur Normalität zurückkehren könnten, die wir gewohnt waren.
Eben diese Normalität hat uns hierher geführt, sie ist der Grund für das alles. Wollen wir wirklich wieder dorthin zurück?
Meinen wir wirklich, dass es nach alldem, wieder so werden könnte wie noch vor zwei Monaten?
Die wichtigste Aufgabe, die wir in einem Zustand der Krise haben, ist ähnlich wie bei einem Zustand von Krankheit. Es ist Achtsamkeit.
Woran mangelt es uns?
Was brauchen wir gerade?
Es ist die Frage danach, was jetzt wichtig ist – das ist das Gegenteil von Ablenkung. Es ist ein Hinsehen auf die Gewohnheiten und Verhaltensmuster, die uns an den Punkt geführt haben, an dem wir gerade sind.
Also, was haben Sie in der Zeit vor Corona am schmerzlichsten vermisst, welcher Zustand von Dasein, von Sie selbst sein Können ist ihnen am stärksten zu Bewusstsein gekommen.
Wenn sie diese Frage für sich beantworten können, dann haben sie einen Ansporn, ihrem Leben nach Corona einen mehr oder weniger starken Schubs in eine etwas andere Richtung zu geben, ihr Wertesystem ein wenig anders zu strukturieren.
Wie bereits gesagt, wir sind in einem auferlegten Winter, einer Zeit der Reflexion und des Träumens von den Samen für den nächsten Frühling.
Back to normal wäre eine Vergeudung dieser Möglichkeit.
Veränderung beginnt immer innen, es beginnt in Herz und Geist.
Das, was wir dann machen, trägt die Gestimmtheit und den Geist dieser Träume nach außen. So verändert der Beitrag eines/r jeden Einzelnen von uns ein wenig die Welt.
Ich wünsche Ihnen das Allerbeste
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